Photo - Atelier Bungartz
 
CRUMPLING - Die Vernissage (10. September 2008)
 

Wie eine kleine Schatzkammer wirkt der nur 38 qm große Ausstellungsraum der Origami Galerie Freising. Die Pretiosen finden sich, durchdacht angeordnet, an den Wänden oder auf Podesten. Glasstürze und verglaste Kästen schützen sie.
Oder konservieren sie vielmehr vor dem organischen Verfall? Bei den Exponaten scheint es sich nämlich nicht um Papierfaltkunst zu handeln, sondern vielmehr um Organisches. Ein schwarzer Trompetenpilz wuchert aus kargem Untergrund empor, grün-lucid schimmernde Blattvariationen finden sich an der Wand, magisch-weiße Pilze entwachsen aus einem Stück Treibholz.
Aber, es ist doch Papier, zumindest meistens. Vincent Floderer, der französische Künstler, dessen Werke hier präsentiert werden, experimentiert mit verschiedenen Materialien, und so sind die grünen Blattvariationen tatsächlich aus Algen – gefaltet.

Bewunderndes Staunen herrscht bei den rund 80 Gästen der Vernissage vor. Darunter finden sich Freisinger Politprominenz, wie Stadtrat Tobias Eschenbacher und Freisings 2. Bürgermeister Rudolf Schwaiger, Vertreter der Freisinger Kunstszene wie Künstlerin Gertrude Beckers-Kias, Freisinger-Mohr-Vorsitzender Dieter Hammer, Leiterin des Schafhof - Europäisches Künstlerhaus Andrea Lamest und Galerist Fritz Dettenhofer. Obwohl die kleine Galerie sehr gut gefüllt ist, werden die fast 40 Werke ausgiebig betrachtet. „Das ist Origami?“, mag mancher gedacht haben und merkt vielleicht, wie sich in diesem Moment die Tür zum „Kosmos des Faltens“ ein wenig öffnet.

Es ist Origami, genauer gesagt „Crumpling“. Was man darunter versteht, wird der Künstler selbst noch klarstellen. Zuvor aber begrüßt Galerist Paolo Mulatinho die Gäste. Er erzählt – temperamentvoll, charmant und sehr unterhaltsam – von seinem Leben und seiner Profession, dem Origami, von seinem steten Streben aus dem Mittelmaß auszubrechen – ein Streben, das er mit Augenzwinkern auch allen Anwesenden wünscht.

Als das Wort an den Künstler geht, reagiert Vincent Floderer weit anders, als man es sich gedacht hätte. Er verliert kaum Worte über seine Naturreplike. Er agiert. Große Bogen leichten Papiers werden an die eng stehenden Anwesenden verteilt. Unter seiner Anleitung werden die Bogen faltig geschüttelt, geknüllt, durch die Faust gezogen und so wieder etwas geglättet, dann teilweise umgestülpt, gebadet und gedreht. Mit brausendem Lärm – erzeugt durch das Schütteln des Papiers – und großer Heiterkeit befolgen die Gäste Floderers Hinweise – und halten zuletzt einen Pilz in der Hand.
Das ist „Crumpling“ („zerknitternd“). Wie könnte man seinem Publikum einen besseren Zugang zur Kunst gewähren?

Die Vernissage klingt angenehm aus, im kleinen Innenhof. Die Stimmung ist – nicht zuletzt durch die „KunstAktion“ – angeregt-heiter. Die selbst gefertigten Pilze werden gezeigt, verglichen, die Kunst wird besprochen. Aufwändiges Häppchen, Wein und Wasser werden gereicht und vom Balkon erklingt angenehme Live-Musik.

Die Vernissage „Crumpling“ zeichnet sich aus: durch durchdachte Details – die Service-Mädchen tragen z. B. „Crumpling-T-Shirts“, durch ausgezeichnete Planung, die die Veranstaltung spielerisch-leicht und sehr niveauvoll wirken lässt, und natürlich durch sehr interessante Werke.

Die Origami Galerie Freising ist in Deutschland einzigartig und zeichnet sich aus durch eine einzigartige Ausstellungseröffnung – jenseits des Mittelmaßes.


Christina Metz